Wie können Klimaschutz und die Energiewende so gestaltet werden, dass sie auch die Demokratie stärken?
Demokratie bedeutet für mich: Die Zukunft der Gesellschaft ist gesichert. Das steht gerade auf der Kippe: Das, was wir kennen – unsere Gesellschaft, die Natur, die Wirtschaft, die Lebensmittel, die hier wachsen – sind momentan durch die globale Erderhitzung extrem gefährdet. Wenn wir das umrechnen, nicht nur in 1,9 bis 2,6 Grad globaler Erderhitzung über alle Meere und Länder, sondern wenn man das mal umrechnet auf Deutschland, dann werden wir nach den absoluten Voraussagen im Sommer auf dem Festland bei 40 bis sogar 50 Grad landen. Da wachsen viele Nahrungsmittel nicht mehr. Und Demokratie fängt für mich damit an, dass diese Informationen ehrlich bekannt gemacht werden, auch von Behörden, und dass den Menschen die Möglichkeit gegeben wird, an Lösungen mitzuwirken. Das heißt: Klimaschutz ist am Ende eine große Einladung, etwas in Ordnung zu bringen, und zwar gemeinsam. Und das ist eine große Chance!
Welche Lösungen gibt es, um möglichst viele Menschen an der Energiewende teilhaben zu lassen?
Ich würde sagen, es gibt drei wichtige Strategien. Strategie eins: Die Menschen müssen einfach mehr wissen, was das konkret heißt. Also eine Energie- und Wärmewende bedeutet doch, dass wir keine fossilen Rohstoffe mehr brauchen und 40 % oder 50 % weniger Wärmeenergie in unseren Häusern verballern. Sonst reichen die Erneuerbare nicht für alle. Das ist Wissen, was erstmal nicht allgemein da ist und das brauchen die Menschen.
Das zweite ist: Diese Energie- und Wärmewende ist eben mehr, als mal eben ein Gerät austauschen. Das ist etwas, was wir auf Nachbarschaftsebene organisieren müssen. Und damit sind viele Leute überfordert, das kann man nicht von ihnen verlangen. Das heißt, wir müssen diese Energiewende unterstützen, Menschen unterstützen, sich zu organisieren und das gemeinsam hinzukriegen.
Und drittens: Wir müssen die Lasten fair verteilen. Es kann nicht sein, dass immer noch die Menschen, die den kleinsten Fußabdruck haben, für das luxuriöse Leben von Menschen mit einem sehr großen Fußabdruck bezahlen, weil die Kosten der Treibhausgasemissionen einfach nicht auf dem Preisschild stehen. Die Schäden werden ja momentan hübsch an alle Leute verteilt und das ist schlicht unfair. Wir müssen dafür sorgen, dass die Schäden, die durch einen Überkonsum und Über-Energieverbrauch entstehen auch von den Verursacher:innen getragen werden. Da reden wir laut Umweltbundesamt von 880 € pro Tonne an Schäden. Wenn die auf den Preisen draufständen, dann würde sich das Verhalten sehr schnell ändern.
Wie kann die Zivilgesellschaft jetzt Einfluss nehmen, um ambitionierte Klimapolitik einzufordern? Wie können sich unsere Leser:innen engagieren?
Meine Empfehlung ist immer: Tu das, was du am besten kannst. Und: Such dir Mitstreiter:innen – das ist die zweite Empfehlung. Also, wenn ich gut bin im Bereich Kommunikation, Social Media oder ähnliches, dann suche ich eine Gruppe, die ich damit unterstützen kann. Wenn ich beispielsweise einen Plan von Energiegenossenschaft habe, dann sollte ich mich da engagieren. Wenn ich politisch aktiv sein möchte, dann kann ich natürlich versuchen, mich darum zu kümmern, warum Diesel-Kraftfahrzeuge immer noch steuerlich bevorzugt werden.
Es gibt ganz viele Ebenen, auf denen man ansetzen kann. Man sollte wirklich gucken, dass man Lust auf diese Arbeit hat – es ist ja meistens alles ein Ehrenamt – und dass man Mitstreiter:innen findet, mit denen man Spaß hat. Auch das ist ganz wichtig. Es ist immer, immer auch ein Kampf mit zu wenig Ressourcen. Das Letzte ist aus meiner Sicht: Es ist eine Illusion, dass wir das alles im Ehrenamt reißen können, was wir 150 Jahre in die falsche Richtung gefahren haben. Es braucht irgendwann auch Koordinationsstellen und Mittel, damit sich auch die Zivilgesellschaft besser organisieren kann. Ja, also wenn du Fundraiser bist, herzlich willkommen! 😀 Man kann natürlich auch immer demonstrieren gehen, das ist auch gut!
Das gesamte Interview mit Gesa Maschkowski gibt es in der 15. Folge des Energiewende-Podcasts „Strom Aufwärts“ zu hören. In der Folge teilen noch weitere Personen aus unterschiedlichen Bereichen der Energiewende und Klima-Transformation ihre Perspektive und zeigen, wie demokratische Mitbestimmung in der aktuellen politischen Zeit aussieht.
Jetzt reinhören und mitdenken! Hier geht es zur Podcast-Folge bei Spotify.